Gemeinwohl-Ökonomie für Startups
Tobias Daur am 12. Mai 2021
Wenn man ein Unternehmen neu gründet, dann bitte richtig. Natürlich mit einer guten Idee, einem Thema, das einen interessiert, einem Schuss bewährtem und einem neuen Dreh. Aber vor allem: Mit einem Ziel, das sich nicht an Banalitäten wie einer überschüssigen Finanzbilanz aufhält, oder gar Wachstum zum Selbstzweck erklärt. Nein, richtige Unternehmen verfolgen ein Ziel, dass das Leben besser macht. Sie greifen sich einen Aspekt heraus, für den sie ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein wie auch immer geartete Lösung entwickeln. Sie verbessern in ihrem Kernthema, mittelbar oder unmittelbar das Leben derer, an die sie sich richten.
Aber das reicht noch nicht. Denn es geht neben dem Was auch um das Wie. Richtig richtig wird’s, wenn solche Unternehmen bei allen ihren Entscheidungen und Handlungen ihre Berührungsgruppen im Blick haben, damit sie nicht Schaden und Schmerz erzeugen, sondern wertebasiert abwägen, wie sie auch in den Nebenthemen das Leben aller besser machen können. Und alle meint hier auch künftige Generationen, und auch Menschen auf der anderen Seite der Erde.
Die Gemeinwohl-Bilanz der GWÖ bietet ein ausgezeichnetes Werkzeug, damit bestehende Unternehmen in einem 360-Grad-Blick ihr bisheriges Handeln bewerten und neue Handlungsalternativen entwickeln können. In einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess stärken sie ihre Wirkung auf das Gemeinwohl, extern auditiert, und transparent, mit einem öffentlich einsehbaren Bericht.
Die dabei geforderten Indikatoren beziehen sich auf die letzten zwei Geschäftsjahre – da sind dann Startups raus. Denn die möchten ja gerade erst ihr Unternehmen gründen.
Geht nicht? Geht doch!
Es gibt ein neues Werkzeug in der GWÖ. Den GWÖ Fokusbericht, entwickelt von Thomas Henne. Der Bericht ist nicht auditiert und kommt ohne verpflichtende Indikatoren aus, verwendet aber den Rundumblick der GWÖ-Matrix als Grundlage. Auf gut sieben Seiten tragen Mitarbeitende von Unternehmen auf Basis der GWÖ-Werte und bezogen auf die Berührungsgruppen zusammen, wie ihr Unternehmen zum Gemeinwohl steht.
Wir bieten Erstellung von Fokusberichten übrigens bei Interesse in Seminarform an, online oder als Präsenzveranstaltung, mit Mitarbeitenden unterschiedlicher Unternehmen. Das Angebot ist als berufliche Weiterbildung über Bildungsschecks in NRW zu 50% förderfähig.
Das schöne: Der Fokusbericht lässt sich wunderbar als Instrument nutzen, um, im Zusammenspiel mit weiteren Methoden wie der von uns entwickelten Gemeinwohl Business Canvas, Startups von Beginn an als ethisches Unternehmen zu konzipieren, mit der Gemeinwohl-Ökonomie als Fundament.
Mein Versuchskaninchen dafür ist die Luwe GmbH aus Erfstadt. Wir haben online in einem gemeinsamen Prozess über rund vier Monate die Angebotsidee des Startups geschärft, Ziele definiert, IT-Werkzeuge festgelegt und ein Unternehmensprofil entwickelt. Nun ist Luwe ein Unternehmen, das schon tief im Thema Nachhaltigkeit verankert ist. Sie bieten Nachhaltigkeitsberatung und Expertenvermittlung für Transformationsprozesse in Unternehmen und Organisationen an. Die beiden Gründer Sven Fischer und Stephan Ley haben viel Erfahrung mit nachhaltiger Produktentwicklung und nachhaltigem Wirtschaften.
Entsprechend anspruchsvoll war die inhaltliche Arbeit, und umso schöner war das Feedback für mich: „Wir hätten nicht gedacht, dass wir noch so viel Neues über gemeinwohlorientiertes Wirtschaften erfahren und in unser Unternehmenskonzept einbringen können“ (Sven Fischer).
Der entstandene Fokusbericht enthält dann auch neben einer detaillierten Auseinandersetzung mit den Themen der GWÖ eine Einkaufsrichtlinie, einen Codex und einen Fragebogen für Lieferant:innen. Wenn Luwe was macht, machen sie es gründlich.
Disclaimer: Wenn eines zum anderen kommt. Ein auf Basis der GWÖ konzipiertes Unternehmen, das ein spannendes Expert:innen-Team rund um das Thema Nachhaltigkeit zusammenführt, kann eine gewisse Adhäsion erzeugen. Und so bin ich Teil des Expert:innenpools von Luwe geworden, natürlich mit dem Schwerpunkt Gemeinwohlorientierung. Das mache ich jetzt aber nicht bei jedem Startup so, das wir begleiten, versprochen.
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